Geschichte der Pfarrei
Aus der Geschichte der Pfarrei Johannes Maria Vianney und der Kirchgemeinde Muttenz
– von Josef Baumann
Vorreformatorische Zeit
Obwohl in Muttenz seit der Reformation erst wieder 1930 katholische Eucharistiefeier gehalten wurde, blickt die Pfarrei doch auf eine uralte katholische Tradition zurück. Die altehrwürdige Dorfkirche St. Arbogast mit ihrem Freskenschmuck ist dafür Zeugnis. Schon in der Römerzeit entstanden in unserer Region die ersten Christengemeinden, und in Augst wird um 343 der erste Bischof Justinianus genannt, die meisten Gemeinden gingen aber in den Wirren der Völkerwanderungszeit zu Grunde.
Seit der fränkischen Zeit wurden die heidnischen Alemannen christianisiert und es entstanden die ersten Kirchen, so auch in Muttenz, auch das alte Bistum Augst-Basel erstand wieder, Ragnacharius, ein Mönch aus Luxeuil, ist anfangs des 7. Jahrhunderts Bischof. Die erste Kirche in Muttenz dürfte wohl im frühen Mittelalter als Eigenkirche des Domstiftes Strassburg entstanden sein, daher auch das Patrozinium des hl. Arbogast, Bischofs von Strassburg.
Die heutige evangelisch-reformierte Kirche geht mit ihren romanischen Bauteilen in die Mitte des 12. Jahrhunderts zurück, nach dem Erdbeben von Basel 1356 wurde die Kirche im gotischen Stil erneuert. Für ein intensives christliches Leben zeugen auch die beiden Klöster auf dem Gemeindeboden von Muttenz, um 1383 das Paulinerkloster der Augustiner-Eremiten im Roten Haus, heute Schweizerhalle, und Mitte des 15. Jahrhunderts das Kloster der Zisterzienserinnen im Engental, das besonders zur Zeit des Humanismus eine grosse Blüte erlebte. Mit dem Durchbruch der Reformation in Basel 1528 und den Reformationsmandaten von 1529 hörte das katholische Leben in Muttenz auf.
Chronik der neuen Pfarrei und Kirchgemeinde
Die heutige Pfarrei Muttenz ist ein wahres Kind der Diaspora. Die politische Gemeinde begann im 19. Jahrhundert anzuwachsen infolge der beginnenden Industrialisierung, der Stadtnähe und des Baus der Eisenbahn. Unter den zahlreichen Neuzuzügern befanden sich auch Katholiken aus der katholischen Innerschweiz, aus Italien, Deutschland und dem Elsass. Wenn sie Gottesdienste besuchen und ihre Kinder taufen lassen wollten, mussten sie in die St. Clarakirche in Basel oder nach Arlesheim gehen. 1860 befanden sich unter den 1704 Bewohnern von Muttenz schon 121 Katholiken, welche in einer ausgesprochen reformierten Umgebung lebten. Die Betreuung der Unterbaselbieter Gemeinden Münchenstein, Birsfelden und Muttenz ging von Basel und Arlesheim aus. Nach und nach hatten die Katholiken das Bedürfnis, sich zusammenzuschliessen und in den Dörfern eigene Gottesdienste halten zu können. 1869 wurde die Kirchgenossenschaft Birsfelden gegründet mit dem Ziel, eine Missionsstation und eine Kapelle zu errichten. 1870 konnte das erste Gotteshaus benediziert werden; auch die Katholiken von Muttenz hatten nun die Gelegenheit, dort die Gottesdienste zu besuchen und die Sakramente zu empfangen, hatten dabei allerhand in Kauf zu nehmen, einen weiten Fussmarsch bei allem Wetter und das Überschreiten von sechs Bahngeleisen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann die Einwohnerzahl von Muttenz stark anzusteigen, und die Zahl der Katholiken nahm fast sprunghaft zu, besonders nach dem Bau der Freidorfsiedlung und des Rangierbahnhofes, der viele katholische Bähnler aus der Innerschweiz anzog.
Bis 1920 war die Katholikenzahl schon auf 10,2 % der Gesamtbevölkerung von 3264 angewachsen, nämlich auf 333. Diese wünschten und begehrten, im Dorf eine Gottesdienstmöglichkeit zu erhalten, was die Pfarrer der Mutterpfarrei Birsfelden verstanden und tatkräftig unterstützten. 1930 gründeten einige tapfere Männer den Katholischen Kultusverein, der mit Tatkraft und viel gutem Willen Grosses erreichen sollte. Im Hinblick auf einen zukünftigen Kirchenbau wurde Bauland erworben, bei der Gemeinde ersuchte man um ein Gottesdienstlokal, in dem am 16. November 1930 die erste hl. Messe gelesen werden konnte. Ein Freudentag für katholisch Muttenz! Und schon bald bekam die junge Gemeinde ihren ersten Pfarrer in der Person von Pfarrvikar Franz Krummenacher, dem Bruder des Birsfelder Pfarrers, der in einem feierlichen Gottesdienst am 6. September 1931 sein Amt antrat. Seine grosse Aufgabe war es, die Katholiken zu sammeln und eine Kirche zu bauen. Mit Eifer gingen Pfarrer, Vorstand des Kultusvereins und Gläubige daran, Mittel für den Bauplatz und für die Kirche zu sammeln. Tatkräftige Hilfe leistete die Inländische Mission, deren segensreiches Wirken die Entstehung der Diasporagemeinden erst ermöglichte.
Am 11. Dezember 1932 konnte die von den Architekten Meyer und Gerster von Laufen erbaute Kirche benediziert und unter das Patronat des hl. Johannes Maria Vianney, Pfarrers von Ars, gestellt werden. Die Gesamtkosten für Kirche und geräumiges Pfarrhaus betrugen Fr.143‘636.70, die Landkosten Fr. 47‘955.-. Mit bischöflichem Dekret vom 20. Januar 1933 trennte Bischof Josephus Ambühl die Pfarrei Muttenz von der Mutterpfarrei Birsfelden. Im gleichen Jahre wurde auch die «Katholische Kirchgemeinde» gegründet, welche 1953 zur staatskirchenrechtlichen «Römisch-katholischen Kirchgemeinde Muttenz» wurde.
Von der alten zur neuen Kirche
Die folgenden Jahrzehnte dienten dem Ausbau der Pfarrei und der Seelsorge; Pfarreivereine wurden gegründet, mit grossem Elan baute man mitten in der Weltwirtschaftskrise 1934 das Jugendheim, in dem Krankenschwestern und Kindergarten Einzug hielten. Das Heim mit dem Saal war ein Zentrum des Pfarreilebens. Pfarrei und Kirchgemeinde wuchsen unaufhörlich, die Katholikenzahl stieg nach und nach von 920 im Jahre 1941 auf 3’438 im Jahre 1960. In hundert Jahren waren die katholischen Bewohner von 7,1% im Jahre 1860 auf 28,7% angewachsen. Die Seelsorge wurde ausgebaut durch die Anstellung eines Vikars im Jahre 1954 und die «Missione Cattolica Italiana». Die kleine Kirche platzte aus allen Nähten, ein Kirchenneubau wurde dringend, eine grosse Aufgabe für die Pfarrer, die Kirchgemeindebehörden und die ganze Pfarrei. Der Elan dieser Jahre war nicht geringer als der der Gründungszeit! Ein Baufonds wurde eröffnet, unzählige Aktionen für die Mittelbeschaffung unternommen. 1961 begann in der Zeit der Hochkonjunktur die eigentliche Planungsarbeit, eine Planungskommission wurde eingesetzt, ein Preisgericht gewählt, ein freier Wettbewerb ausgeschrieben. Das Preisgericht wählte am 29. Juni 1962 aus den 21 eingereichten Projekten dasjenige mit dem Namen ROC des jungen, unbekannten Basler Architekten Max Schnetz. Eine Baukommission übernahm, überwachte und leitete den Kirchenbau. 1964 begannen die Arbeiten, Jugendheim, Pfarrhaus und Kirche wurden nacheinander abgerissen. Am 8. März 1964 erster Spatenstich, 10. Oktober Grundsteinlegung, 14. November 1965 Weihe der fünf Glocken und schliesslich am 20. März 1966 Weihe der neuen Kirche durch Bischof Dr. Franziskus von Streng unter dem Patronat des hl. Pfarrers von Ars. Die Kosten des Kirchenzentrums mit Kirche, Pfarrhaus und Pfarreiheim betrugen
Fr. 3‘768‘005.65. Die beiden Kirchenglocken und die beiden Chorfenster der alten Kirche von Lothar Albert sind erhalten und schmücken den Kirchenplatz und die Vorhalle des Pfarreiheims.
Im Laufe der Jahre wurden Kirche und Pfarreiheim weiter ausgestattet und ausgeschmückt und nach und nach renoviert.
- Ausmalung der Taufkapelle durch Ferdinand Gehr 1968
- Moderne Krippe von Nelly Spitteler 1978
- Orgel von Ulrich Wetter 1986
- «Maria, Mutter der Christenheit» von Gottlieb Ulmi 1987
- Stele des Kirchenpatrons von Gottlieb und Lukas Ulmi 1990
- Menora, der siebenarmige Leuchter von Jakob Gutknecht 1995
- Kreuzweg von Lukas Düblin 1999.
- Orgelpositiv 2002 (5 Register und Zimbelstern, 2009) von Bernhard Fleig, Basel
- Krippenfiguren mit Gelenken und Kleidung von Sr. Mathea, Kloster Fahr 2003/2004
- Orgel «Himmelsleiter»”, Orgelbau Kuhn AG, Männedorf, 2020